Vom malerischen Kinabatangan aus wollen wir uns erneut gen Süden des malaysischen Teils von Borneo begeben, ins Taucherparadies. Ein Plan, der 7 Tage am Strand vorsieht, voller Wandern, Schnorcheln und Entspannung. Jedoch kommt es ganz anders… wir kommen ans Plastikmeer 🥴
Semporna – die Plastikidylle 🗑🍶
Nach einer anstrengenden 4-stündigen Busfahrt durch endlose Palmölplantagen erreichen wir schließlich Semporna. Mein erster Eindruck ist schlichtweg entsetzlich. Unsere Unterkunft in der Innenstadt ist alles andere als einladend, und ich frage mich jetzt schon, ob 3 Nächte nicht schon zu lange sind. Der Anblick der Stadt am nächsten Tag verstärkt nur meinen Eindruck. Als wir den Hafen erreichen, überkommt mich ein Gefühl der Beklemmung. Selbst als jemand, der normalerweise nicht leicht aus der Fassung zu bringen ist, übersteigt das Gesehene meine Grenzen. Ich fühle mich benommen, beinahe ohnmächtig und möchte einfach nur fliehen. Ironischerweise bekomme ich drei Tage später sogar Herpes, und wer diesen Virus kennt, weiß, dass er auch durch Ekel ausgelöst werden kann.
Der Hafen entpuppt sich als noch schlimmer als die Innenstadt, obwohl mir auch dort bereits unwohl wird. Hunde wühlen im Müll nach Essbarem, der sich in den Straßen türmt und ein unerträglicher Gestank liegt in der Luft. An einem Luxushotel auf Stelzen im Wasser vorbei zu kommen, wird zur Ironie, wenn man sieht, wie sie in kleinen Netzen große Fische fangen, die darauf warten, verzehrt zu werden. Doch diese Tierquälerei wird noch durch die Tatsache verstärkt, dass die Tiere im Plastik schwimmen.
Wir beschließen, dass Semporna trotz allem ein Taucherparadies ist und wir wahrscheinlich die Inseln besuchen müssen, um die Schönheit des Ortes zu entdecken. Wir buchen eine Schnorchel- und Wandertour für den nächsten Tag. Allerdings plagt uns ein schlechtes Gewissen, da wir als Touristen dazu beitragen, dass das System, das die Umwelt ignoriert, weiterhin funktioniert. Uns ist durchaus bewusst, welche Rolle wir dabei spielen. 🙈
Das “Taucherparadies”🐠🐡🐟
Am nächsten Morgen begeben wir uns zu den Piers, von denen die Tour starten soll. Auf dem Weg dorthin bin ich kurz davor, zusammenzubrechen. Die Zustände sind noch schlimmer als am Vortag: Menschen leben in Slums auf dem Wasser und überall treibt Plastikmüll. Am Pier stoßen wir zuerst auf ein Boot mit zwei Männern, die versuchen, den Müll um den Pier herum mit Netzen aus dem Wasser zu fischen. Ein kläglicher Versuch, den Touristen eine heile Welt vorzugaukeln!
Die Tour führt uns zunächst nach Bohey Dulang, wo wir einen kleinen Anstieg von 200 Höhenmetern erklimmen. Die Aussicht von oben ist atemberaubend, doch auch hier ist alles auf den Tourismus ausgerichtet. Ein Nationalpark, markierte Wanderwege und ein Ranger alle 100 Meter, der für Sicherheit sorgt – fast schon lächerlich angesichts des Müllproblems! Sie sollen die Arbeitskraft sinnvoll nutzen. 🥴
Weiter geht es zum Schnorcheln nach Mantabuan. Nach dem Mittagessen an Bord tauchen wir ins Wasser ein. Doch wir sind enttäuscht: Das Wasser ist trüb, und anfangs denken wir, es sei aufgewirbelter Sand, bis wir erkennen, dass es Plastikpartikel sind. Doch plötzlich taucht in der Nähe ein riesiger Barrakuda auf – nicht ungefährlich in dieser trüben Brühe. Wir kehren lieber zum Boot zurück. Einer der Guides versichert uns, dass das nächste Riff viel schöner sei – also machen wir uns auf den Weg.
So erreichen wir schließlich Pulau Sibuan. Wir haben 45 Minuten Zeit und umrunden die Insel zu Fuß. Doch auch hier ist es nicht besser: Überall wird Müll angespült oder zwischen den wenigen Palmen weggeworfen. Ein wahrhaftiges Müllparadies! Auf der Insel, die wir in 20 Minuten umrunden, leben Menschen in Holzhütten, die kaum schlimmer sein könnten. Ein kleines Mädchen kommt zu mir und möchte meine Kette haben, doch ich kann ihr sie leider nicht geben – sie hat emotionalen Wert für mich. Ich empfinde Mitgefühl für sie, denn sie hat nichts.
Das Riff in der Nähe entpuppt sich als enttäuschend: Nur Korallenbleiche ist zu sehen. Und als wäre das nicht genug, werden die Fische auch noch von den Guides mit Reis und Hühnchen gefüttert.
Ich kann leider in Semporna nichts empfehlen. 🥴
Meine Auseinandersetzung mit dem Speedbootfahrer 🚤
Als wir auf das Boot steigen, stelle ich meine Kaffeebecher unten ins Boot, um zu verhindern, dass sie wegfliegen. Der Fahrer stellt sie später hinten rein, woraufhin ein Deckel ins Wasser fällt. Ich weise ihn darauf hin, dass das nicht geht, und er fischt ihn schweigend heraus. Als das Boot losfährt, bemerke ich, dass die Becher so nicht stehen bleiben können, ohne ins Wasser zu fallen. Also nehme ich sie heraus und halte sie fest, woraufhin der Fahrer mich fragend ansieht. Später fliegt mir eine Plastiktüte ins Gesicht, die irgendwo auf dem Boot lag und vom Fahrtwind davonflog. Der Fahrer lacht, doch ich erwidere nur einen strengen Blick. Von diesem Zeitpunkt an sind wir keine Freunde mehr.
Unsere Verantwortung 🌎
Es ist unerträglich zu sehen, dass der Gedanke “Ein weiteres Plastikteil im Meer macht doch nichts aus” hier vorherrscht. Doch es macht sehr wohl etwas aus. Es fehlt völlig an Verständnis und Bildung für Umwelt und Natur. Es ist bereits das Plastikmeer. 😭Die Menschen begreifen nicht, dass sie Verantwortung tragen und dass der Tourismus, einer ihrer wenigen Einnahmequellen, langfristig darunter leidet. Irgendwann wird es keine schönen Riffe mehr geben, die Taucher anlocken. Und irgendwann wird das Plastikmeer niemanden mehr anziehen. 😱
Nicht nur die Einheimischen und ihre Regierung tragen Verantwortung, sondern auch wir als Touristen und Deutschland. Denn Deutschland exportiert bewusst Müll nach Malaysia und entzieht sich seiner Verantwortung. Wir müssen hinterfragen, ob die Länder tatsächlich damit umgehen können.
Ich möchte aber auch betonen, dass wir alle – Einheimische, Touristen und Länder wie Deutschland – uns unserer Verantwortung bewusst werden müssen. Es reicht nicht aus, den Finger auf andere zu zeigen. Jeder von uns muss sich fragen, welchen Beitrag er zum Schutz unserer Umwelt leisten kann. 🌎
Für mich persönlich hat diese Reise aus meiner Komfortzone mich dazu veranlasst, noch konsequenter zu handeln. Ich bin mir bewusst, dass mein Engagement zwar nur einen kleinen Radius umfasst, aber auch kleine Schritte können einen großen Unterschied machen.
In Malaysia und Borneo waren wir 5 Wochen lang unterwegs und somit könnt ihr hier noch mehr dazu lesen.
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